ÖRG Präsidentin Prof. Dr. Rosemarie Forstner

Die ÖRG Präsidentin, Fr. Profin. Forstner hat in Ihrer Amtsperiode einen wesentlichen Meilenstein in Sachen Teleradiologie gesetzt. Das daraus entstandene „White PAPER“ wird demnächst publiziert. 

Ein Gespräch über dieses große Projekt führte Thomas Rand:
 

S.g. Fr. Präsidentin, 

liebe Rosemarie,

das „White Paper – Teleradiologie“ ist fertiggestellt und steht vor der Veröffentlichung.

Es ist dies ein Kernstück Deiner Amtszeit und wegweisend für die weitere Entwicklung der Radiologie. Was waren Deine Motive und was wolltest Du mit der Etablierung dieses großen Werkes erreichen?

Die Telemedizin ist international und auch in unserem Land Realität und sie entwickelt sich äußerst dynamisch. Das gilt erst recht für die Teleradiologie als Anwendung in einer komplett digitalisierten Disziplin. Auch wenn die österreichische Radiologie in diesem Bereich im internationalen Vergleich sicherlich keine Vorreiterrolle hat, zeigt dennoch die Teleradiologieumfrage, daß die Teleradiologie auch in der radiologischen Versorgung in Österreich bereits einen Platz hat. Ein wesentliches Ziel war es daher, über die konstruktive Integration der Teleradiologie in unserem Alltag nachzudenken und Rahmenbedingungen für die weitere Integration der Teleradiologie in Österreich zu definieren. Ausserdem sollten versorgungsstrategische Überlegungen einbezogen werden. 

Wo waren die sogenannten „Knackpunkte“, wo lagen die Schwierigkeiten.

Teleradiologie ist in aller Munde und findet durchaus auch eine breite Anwendung. Bei näherer Analyse stellte sich aber heraus, dass eine ganze Menge rechtlicher Fragen bislang ungeklärt bleiben. Gerade diese bedürfen jedoch aufgrund der potentiellen Überschreitung nationaler Grenzen einer Klärung. Intensive aber immer konstruktive Diskussionen betrafen die Möglichkeiten neuer Kooperationsmodelle durch teleradiologische Angebote. Hier konnten jeweils konstruktive Konzepte erarbeitet werden. 

Das „White paper“ wird es als Langtext und in einer Kurzfassung geben, welche Du mit einem sehr engagierten Team erarbeitet hast. Wie habt Ihr Interessen und Ansichten unterschiedlicher „stake holder“ also in etwa Spitalsradiologie, niedergelassener Bereich, vereinigen können? Wie habt Ihr mitten in der Corona Krise gemeinsam arbeiten können?

Natürlich ist bei derartigen Projekten die Arbeit in Form persönlicher Treffen am effektivsten. Wir konnten uns in der Coronzeit aber meist nur online treffen.

Die gemeinsame Zielrichtung war, die Radiologie weiterzuentwickeln und es war ziemlich bald klar, dass die Teleradiologie ein Teil der radiologischen Leistungen von Institutionen bleiben sollte und dass lokale kleinere Radiologien auf keinem Falle durch die Teleradiologie ersetzt werden sollen. Im Gegenteil, die Teleradiologie hat das Potential, die Radiologie an derartigen Standsorten zu erhalten oder sogar zu stärken. 

Wie so oft bei großen Themen, gibt es ja nicht nur Vorteile, sondern auch Systemschwächen. Wo siehst Du nun im „wirklichen Leben“ die Vorteile der Teleradiologie, wo sind möglicherweise Gefahren und/oder Schwächen, und wie seid Ihr letzteren begegnet?

Informationstransfer kann man uneingeschränkt positiv sehen, weil er in vielfältiger Weise Vorteile für das Gesundheitssystem bringt, z. B die Schnelligkeit der Befundübermittlung, ortsunabhängige Verfügbarkeit von Expertise,… Manche dieser Vorteile werden durchaus genutzt, etwa in Tumorboards oder die teleradiologische Versorgung innerhalb von Institutionen mit mehreren Standorten im intramuralen Bereich.

Diese Technologie bringt es allerdings auch mit sich, daß versorgungsstrategische Entwicklungen zu bedenken sind, wie etwa die Abwanderung von radiologischen Leistungen an Leistungserbringer außerhalb von Österreich. Verlust von lokaler Expertise insbesondere in kleineren Häusern und der mögliche Verlust von Ausbildungsstätten sind hier zu nennen.

Für uns als ÖRG, gemeinsam mit der BURA und dem VMSÖ, war es daher wichtig, über die konstruktive Integration der Teleradiologie, über Qualitätsstandards und andere Rahmenbedingungen nachzudenken.

Das Thema Teleradiologie hat es ja schon mehrfach in der ÖRG gegeben, zuletzt und auch auszüglich „aus alten Zeiten“ vor ca 10 Jahren. Was hat sich da nun zwischenzeitlich geändert?

Es sind zunächst die technischen Möglichkeiten deutlich besser entwickelt und die quantitativen Angebote haben in unserem Land erheblich zugenommen. Die Personalknappheit hat zwischenzeitlich auch die Radiologie erreicht. Darüberhinaus haben sich die Ansprüche an Arbeitswelten deutlich verändert. Homeoffice ist ein allgegenwärtiger Begriff, den auch Radiolog:innen zunehmend als Teilaspekt ihres beruflichen Lebens wünschen. Im globalen Maßstab hat sich ebenso Wesentliches im Bereich der Telemedizin und somit der Teleradiologie geändert. Am bedeutsamsten erscheinen mir große internationale Anbieter, die durchaus auch unser Land in ihre Geschäftsüberlegungen einbeziehen können.

Wie schaut der Zugang zur Teleradiologie im Vergleich ÖRG – DRG aus, wie ist der Trend in der EU? Gibt es da ähnliche Bestrebungen?

Die Teleradiologie ist in unterschiedlichen Ländern in der EU unterschiedlich realisiert. Bemerkenswert ist, dass Vertreter:innen der Radiologie gerade aus Ländern mit sehr liberaler Handhabung der Teleradiologie anlässlich einer kürzlich durchgeführten Konferenz ein hohes Interesse an Themen unseres White Papers gezeigt haben.

Die ESR ist gerade dabei, das White Paper von 2014 zu aktualisieren und hier auf neue Realitäten in unserer Arbeitswelt, etwa Virtual Office oder Homeoffice, einzugehen.

In Deutschland ist die Digitalisierungsoffensive in der Medizin ein zentrales Thema. Für die Teleradiologie wurden bereits technische Standards entwickelt. Hier gilt es allerdings noch die rechtlichen Rahmenbedingungen zu definieren.

Wo und wann soll das „White paper“ publiziert werden?

Wir planen das White Paper- Teleradiologie in Röfo oder in der Wiener Medizinischen Wochenzeitschrift im Laufe dieses Jahres zu publizieren. Natürlich wird es auch auf der ÖRG Homepage für unsere Mitglieder abrufbar sein.

Ich erlaube mir zum Ende dieses Interviews noch eine persönliche Anmerkung. Dieses Werk wäre nicht gelungen ohne das konstruktive Klima der teilnehmenden Kolleg:innnen in der Arbeitsgruppe, die sich aus Mitgliedern der ÖRG, BURA und des VMSÖ zusammengesetzt hat. Für ihren großen Einsatz bedanke ich mich. Ich bin froh, daß wir für die österreichische Radiologie ein konstruktives und innovatives Konzept vorlegen können, wenngleich es immer ein „Work in progress“ bleiben wird.

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